Gestärkt durch die schon bekannten Chili-Frikadellen (vgl.
den Bericht vom 11.02.2015) versammeln wir uns um 9.00 Uhr zur Andacht, die heute
durch Pastor Thaniseb vorbereitet worden ist. Der Tag nach der Andacht steht
uns bis 17.00 Uhr zur freien Verfügung. Die Namibier nutzen ihn, um Provisionen
für ihre morgige Rückfahrt zu besorgen, unsere Entscheidung fällt auf einen erneuten
Besuch von Kapstadt. Diesmal soll es jedoch in das Viertel Woodstock gehen, in
welchem sich Künstler, Freidenker und Hipster angesiedelt haben. Gerrit wird
zuvor zusammen mit Pastor Thaniseb vom Dean zu einem kurzen Meeting gebeten. Da
ein kurzes Meeting alles von fünf Minuten (eher selten) bis zwei Stunden (eher
häufig) bedeuten kann, beschließen wir, ohne Gerrit loszuziehen. Auf dem Weg
zum Wagen begegnen wir Stanley und Randell von den Namibiern, die von ihrer
Gruppe „zurückgelassen worden“ sind. Kurzerhand schließen sich die beiden
unserer Gruppe an und wir fahren gemeinsam mit dem Golden Arrow-Bus in die
Stadt. Woodstock entpuppt sich als bunter, umtriebiger Teil Kapstadts, in
welchem Galeristen, Schmuckschmiede, Maler, Schneider und Krämer ihre Waren
anbieten. Nach Betreten eines Geschäfts arbeiten wir uns über mehrere Etagen durch
ein Labyrinth aus Gängen, die zu immer neuen Geschäftsräumen führen, mal finden
wir Antiquitäten, im nächsten Zimmer wartet eine Boutique, ein Zimmer weiter
eine Künstlerin, welche aus dem bei der Entwicklung von Fotografien anfallenden
Abfall das Silber extrahiert, um hieraus Schmuck zu fertigen.
Der Klang von Live-Musik lockt uns auf den Innenhof einer
ehemaligen Industrieanlage. Hier findet laut Einheimischen der Wochenmarkt
statt. Dieser beherbergt zahlreiche Gastronomen, die von Pizza über Sushi,
Curry bis hin zu Thunfisch-Biltong (Dörrfleisch) alles anbieten. Der Markt ist
überfüllt mit gutgelaunten, jungen und alten Menschen, die den Tag und das
Essen genießen, auf dem Boden sitzen, der Band lauschen oder angeregt
diskutieren. Die Musik stammt von einer Jazzband, bestehend aus Gesang,
Gitarre, Klavier, Kontrabass und Violine, die sowohl Standards als auch jüngere
Hits in neuem Gewand präsentieren und auch eigene Kompositionen vortragen. Wir
lassen uns von der guten Stimmung anstecken und die Seele auf dem Markt baumeln.
Mittlerweile ist auch Gerrit dazugestoßen.
Nachdem wir uns sattgegessen, -getrunken und -gehört haben,
geht es zurück nach Athlone. Hier wird noch einmal eine kleine Übesession am
Nachmittag eingelegt, bevor ab 17 Uhr eine Probe für den Sonntagsgottesdienst
mit allen Teilnehmern des NAMDUSA-Workshops beginnt. Nicht nur Woodstock,
sondern auch das Youth Centre ist heute sehr umtriebig. Der emeritierte
Erzbischof von Schweden sowie der Bischof des Western Capes haben ihr
Erscheinen angekündigt, zu diesem Anlass werden ein Braai vorbereitet und die Veranstaltungshalle
aufpoliert. Tatsächlich stellen wir jedoch schon sehr bald fest, dass niemand
weiß, wann die Abendveranstaltung überhaupt beginnt. Der Dean, welcher den
Ablauf geplant hat und scheinbar als einziger kennt, befindet sich zu diesem
Zeitpunkt aber in einem Meeting und steht deshalb noch nicht zur Verfügung. Einem
kurzen Gebet eines Gemeindemitglieds folgt die Eröffnung des Braai, wieder
einmal dürfen/müssen sich die Deutschen als erste am Büffet bedienen. Nachdem
alle satt sind, schnappen sich die Namibier ihre Instrumente und schmettern einige
Choräle, Gerrit, Daniel und Benni gesellen sich hinzu. Während die einen also
Musik machen, die anderen quatschen oder noch kauen, betreten plötzlich der
Dean, der emeritierte schwedische Erzbischof und der Bischof des Western Cape
den Saal. Der Dean läutet den offiziellen Teil des Abends mit den Worten „für
das Konzert haben wir nur zwanzig Minuten zur Verfügung. Ich lege aber noch
einmal weitere zehn Minuten darauf, somit haben wir 30 Minuten.“ ein. Nach
einer ausführlichen Vorstellungsrunde sämtlicher Teilnehmer der Veranstaltung,
welche ca. 25 Minuten beansprucht, wird jede Gruppe gebeten, einen musikalischen
Beitrag zum Abend zu leisten. Wir haben aber nicht damit gerechnet, dass dieser
Auftrag auch den Bischof ereilt, welcher durch eine Kollekten-Sammlung dazu
ermuntert werden soll, den Abend durch eine persönliche Gesangseinlage zu
bereichern. Womit wir noch weniger rechnen, ist die Tatsache, dass sich der
Bischoff zur Erfüllung dieser Aufgabe keiner sakralen, sondern einer allzu
weltlichen Literatur („Let it be“ von den Beatles) bedient und diese mit einer
Rockröhre präsentiert, bei der Tom Jones neidisch geworden wäre. Am Ende seines
Liedes ist die gesamte Gemeinde auf den Beinen – grandios!
Der Segensspruch des Erzbischofs beschließt den offiziellen
Teil des Abends und leitet unsere gewohnt gesellige Runde ein, am heutigen
Abend ergänzt um einige unserer namibischen Freunde.
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