Der Tag beginnt bereits etwas holprig: Benni und Hendrik
wollen um 6.00 Uhr aufstehen, um Geld vom nächstgelegenen Geldautomaten zu
holen, da in unserem Resort nicht mit der Kreditkarte gezahlt werden kann.
Gegen halb sieben wird Benni von Hendriks liebevollem „morning morning“
geweckt. Sein Wecker behauptet zwar, einen Weckversuch unternommen zu haben,
gehört hat aber keiner was. Schnell machen sich die beiden auf Richtung Grenze.
Um 7:10 Uhr sind sie bereits zurück, eigentlich wollten wir
jetzt losgefahren sein, und das Beladen unseres Busses kann beginnen. Nun fällt
Billa auf, dass wir vergessen haben, Annedore und Daniel zu wecken. Nachdem wir
alles verstaut haben, machen wir uns um kurz nach 8:00 Uhr auf den Weg zur
Grenze. Gegen 9:00 Uhr haben wir den bürokratischen Hürdenlauf erfolgreich
absolviert und dürfen gemeinsam mit unserem Bus die Grenze hinter uns lassen,
um an der nächsten Ecke ein reichhaltiges „Corner Bakery- / Wimpy-Frühstück“
einzunehmen.
Nach ca. 140 km Geradeausfahrt Richtung Unendlichkeit biegen
wir nach links auf eine Klasse-C Straße, um die verbleibenden knapp 100 km
Wüstenpiste zum „Fish-River-Canyon“ zurückzulegen. Je tiefer wir in die Wüste
gelangen, desto heißer wird es. Nach einer schier endlosen Fahrt durch immer
unwirtlicheres Gelände – längst ist die asphaltierte Straße zugunsten einer
Sandstrecke verlassen worden – erreichen wir die Tore des Fish-River-Canyon
National Parks dort, wo sich Vogelstrauß und Zebra „Gute Nacht“ sagen. Einige
Kilometer später breitet sich vor uns ein, im wahrsten Sinne des Wortes, zutiefst
beeindruckendes Naturphänomen aus: Wir stehen am Rande des zweitgrößten Canyons
der Welt. Am Grunde des Canyons sieht man das Flussbett des derzeit
ausgetrockneten Fish River, dieses befindet sich in mehreren hundert Metern
Tiefe unter uns. Die Ausmaße des Canyons sind so überdimensioniert, dass es
schwer ist, diese abzuschätzen. Eine Schautafel verrät uns jedoch, dass die
Gesteinsmassen bis zu 650 m tief reichen. Die Temperaturen im Canyon können in
den Sommermonaten bis zu 50 °C erreichen, eine Wanderung ist dort daher in
dieser Zeit verboten. Neben uns haben auch drei Schweizer Reisende die
Aussichtsplattform des Canyons für eine Pause ausgewählt. Im Gespräch mit ihnen
erfahren wir, dass sie seit November 2014 eine Rundreise durch Afrika machen
(Start in Mombasa/Kenia) und diese noch bis Juni 2015 fortführen wollen. Wir
beschließen, dem Canyon und den Schweizern ein kleines Blechständchen zu
präsentieren. Der erste tiefe Atemzug wird jedoch zunächst von einem
Hustenanfall begleitet, bei den herrschenden Temperaturen kommt es einem vor,
als würde man seine Luft direkt von einem Heißluftgebläse beziehen. Jede
Viertelpause wird genutzt, um die Lippen zu belecken, damit beim nächsten Einsatz
noch ein Ton herauskommt. Die Schweizer freuen sich, die Canyon-Amseln fühlen
sich zumindest nicht allzu sehr gestört.
Wir machen uns wieder auf den Weg, Ziel ist Aus oder, besser
gesagt, Klein-Aus Vista, wo sich unser nächstes Nachtlager befindet. Auf dem
Weg dorthin rasten wir in Seeheim, einem Ort, der in keinster Weise irgendetwas
mit einem See zu tun hat. Hier können wir den nächsten Temperaturrekord unserer
bisherigen Reise messen: Wie uns unser Auto mitteilt, beträgt die
Außentemperatur hier 43 °C. In dem in Seeheim gelegenen Hotel scheint ein
eher ruhiger Betrieb vorzuherrschen, die Küche ist an und für sich geschlossen,
die freundlichen Mitarbeiter des Hotels lassen es sich aber nicht nehmen, uns
zumindest Tomate-Käse-Sandwiches mit Kaltgetränken zu servieren. Während wir
rasten, versuchen Gerrit, Daniel und Samuel sich als Papageien-Dompteure.
In Klein-Aus Vista angekommen, werden wir von der luxuriösen
Ausstattung der Anlage überrascht – Pool, geräumige Apartments und eine Lounge
bieten den Gästen alles, was man zur Erholung braucht. Nichtsdestotrotz beschließen
Billa, Anne, Gerrit, Benni und Hendrik, schnell wieder das Weite zu suchen.
Lüderitz, eine in der Kolonialzeit von einem Bremer Kaufmann gegründete Stadt
an der Atlantikküste, soll heute noch erkundet werden. Die Stadt befindet sich
nur 120 km von Aus entfernt, ein Katzensprung. Annedore, Daniel und Samuel wollen
statt Lüderitz lieber die Gegend um Aus erkunden und bleiben daher im Camp. Auf
dem Weg nach Lüderitz kann erneut eine Metamorphose der Landschaft von karger
Felsenwüste über feine Sandwüste (inkl. Sandwehen auf der Fahrbahn) bis hin zu
grünem Küstenstreifen beobachtet werden. Nebenbei begegnen wir noch zahlreichen
Wildpferden, die am Straßenrand weiden. Die Lüderitz-Kundschafter kommen gerade
noch rechtzeitig in Lüderitz an, um vom alten Leuchtturm aus den
Sonnenuntergang über der Bucht vor Shark Island zu beobachten. Nach einer
Stärkung in einem Lokal wird die Kolonialzeit-Architektur bewundert, bevor es
wieder zurück in unser Nachtlager geht.
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